Freitag, 20. März 2020

Der Abschied


Morgenerwachen am See

Wir wurden von unserem See vertrieben! Seit Tagen haben wir keinen Menschen gesehen, da kommt am Donnerstag ein weißes Auto angerollt, welches es tatsächlich wagt, durch die Riesenpfützen zu fahren. Entweder es war das Ordnungsamt oder der Infektions- bzw. Seuchenschutz von Valencia. Auf jeden Fall wies uns ein sonnenbebrillter Mann recht unfreundlich in einem Mix aus Spanisch und Englisch an, zu verschwinden: „Go home!“ und gestern wären wohl schon welche sanktioniert worden.
Das müssen wir leider ernst nehmen, denn die Spanier tun dies ebenso wenn es um die Ausgangssperre geht. Zuwiderhandlungen werden sogar mit 600€ bis 30.000€ Strafe geahndet. Mit minimalster Geschwindigkeit packen wir zusammen, verabschieden uns von dem wundervollen See und fahren im Schneckentempo Richtung Valencia. Wir übernachten auf einem bergigen Aprikosenhain und freuen uns, das wir ab heute, Freitag, eine Unterkunft über Airbnb gebucht haben. Die nächsten Tage sollen regnerisch werden und Wildcampen ist bei Ausgangssperre erst recht nicht gern gesehen.


Immerhin haben wir die Straßen für uns. Nur selten kommt uns ein Auto entgegen. Wenn überhaupt, dann sehen wir alte Menschen auf den Straßen. Es wirkt wie in einem Endzeitfilm. Nur wenn man direkt durch Städte fährt, sieht man einige geöffnete Obst- und Gemüseläden, Apotheken oder Supermärkte. Die Leute stehen mit Mundschutz und Handschuhen ausgerüstet mit mindestens zwei Meter Abstand auf der Straße Schlange, um ja einzeln die Geschäfte zu betreten. Selbst vor dem Konsum stehen wir an, denn wir müssen erst eine Wartemarke ziehen, Handschuhe überstreifen und selbige desinfizieren, um eintreten zu dürfen. Beim Abwiegen vom Gemüse werden wir von einer wütenden Spanierin angeschnauzt, warum wir keine Plastetüten unter unsere Tomaten legen. Glauben wir zumindest, dass sie das meinte.
Nachdem der Einkauf überstanden ist, suchen wir unser Quartier auf. Ruhig auf einem Hügel gelegen und mit einer großen Terrasse als „Auslauf“, wenn uns doch die Decke auf den Kopf fallen sollte. Wir genießen erst einmal allen Luxus, den wir Waldlinge vermisst haben.
Aber was sind schon Strom, WLAN und warmes Wasser gegen die Einsamkeit und Stille des Sees?


Donnerstag, 19. März 2020

Die Waldeinsamkeit


Was man allein im Wald so machen kann? Eine Auswahl....

Kochen. Immerhin wächst massig wilder Rosmarin.


Einfach mal die Ruhe genießen.


Basteln, basteln und noch mehr basteln.


Lustige Dinge aus Bambus schnitzen.

Und zu guter Letzt: Bei einem Weinchen dem Sonnenuntergang am Staudamm zusehen.



Mittwoch, 18. März 2020

Das Lager


Es ist unglaublich, wie laut so ein Wald ist. Nicht nur, dass dauernd neu gegrabene Löcher um unser Auto erscheinen, auch die Geräuschkulisse ist faszinierend. Die Fische die immer wieder insektenjagend aus dem See springen, klatschen so laut auf der Wasseroberfläsche auf, das es klingt, als würden Personen klatschen. Und die Vögel pfeifen so eindringlich, wie Paul meint, als hätte ein Mensch gepfiffen.
Da das Wetter heute wieder besser ist (nicht so schön wie der Wetterbericht der nächsten Stadt versprach, aber immerhin Pulloverwetter), machen wir einen erneuten Erkundungsrundgang. Ich will mir ja den Verwesungsstatus des Hunde- oder Wolfsbabys ansehen ;)
Auf dem Weg dorthin kommen wir an einem unscheinbaren, zugewucherten Pfad vorbei, der uns beim ersten Mal entgangen ist. Dort biegen wir natürlich ein, denn die wenigen Wege, die es an dem See gibt, müssen ja genutzt werden. Besser als Steinklippen und Dornenbüsche.
Wir sehen schon von weitem eine Lichtung mit komischen hellen Fetzen. Beim Näherkommen erkennen wir, dass es sich um einzelne verwelkte Agavenblätter (oder wie auch immer die fleischblättrigen, dornigen Gewächse heißen) handelt, welche überall verstreut liegen. Genau daneben finden sich die lebendigen grünen Pflanzen wie ein Teppich über den Waldboden kriechend. Zwei wachsen sogar aus einer kleinen Ruine, die aus den uns schon bekannten Steinen aufgeschichtet, angrenzt. Das Häuschen ist voller Müll.


Als wir weitergehen, haben wir auch eine Vermutung, wer dies verursacht haben könnte. Schon wieder entdecken wir ein verlassenes Lager. Diesmal direkt am Seeufer, versteckt und verschanzt mit Brettern abgeschirmt. Auch eine alte Jacke hängt noch dort. Während mir schon langsam wieder unheimlich wird, schauen wir uns um. Überall erkennen wir nun Überreste alter Mauern und Gebäude, auf denen Agaven, Stechpalmen und Efeu wachsen. Wir entdecken sogar einen viereckigen Zugang, den Paul von oben mit seiner Handytaschenlampe ausleuchtet. Er meint es sieht neuer aus, und ist auch nicht aus alten Steinen gebaut, sondern von innen verputzt. Wir vermuten, dass der komplette Steinhaufen unterhöhlt ist und krabbeln lieber schnell runter. Unten angekommen erkennen wir in einer Steinmauer, dass an einer Stelle die Steine neu aufgeschichtet sind und wesentlich heller und sauberer aussehen als das restliche Mauerwerk. Sie bilden einen Eingangsbereich ab. Mir reicht es nun endgültig. Zurück über das Agaven-Schlachtfeld suchen wir den Weg zum Bus.


Achso: Das Tier haben wir dann doch noch angeschaut. Es war nach zwei Tagen Regen auch nicht hübscher, dafür waren nun die Locken weg ;)

Dienstag, 17. März 2020

Der Regen

Leider hat es die letzten Tage geregnet. Das ist insofern ziemlich doof, weil man dann im Auto festsitzt und nicht viel machen kann. Umso dümmer ist dann natürlich, wenn die Powerbanks und Akkus leer sind und keine Sonne scheint um sie wiederaufzuladen. So sitzen wir die Zeit ab. Ich mache mich an zwei Aufträge, Paul arbeitet einen Werbeflyer für die Rhodesian-Ridgeback-Zucht aus und am Nachmittag hört es sogar mal kurz auf zu regnen, sodass wir feststellen können, dass wir in der Falle sitzen. Der Waldweg steht völlig unter Wasser. Mit einem Spaten bewaffnet graben wir einen Ablauf zum See und schauen wie kleine Kinder total fasziniert dabei zu, wie sich das Wasser seinen Weg zum See bahnt und den auf der Wasseroberfläche schwimmenden Pollen mit sich zieht und dabei irre psychedelische Muster bildet.






Um den Lehm der Pfützen herum lassen sich übrigens Tierspuren finden. Hufe, die nach Rehen aussehen und auch Pfotenabdrücke. Die Story mit den Wölfen geht mir wohl so schnell nicht aus dem Kopf.

Montag, 16. März 2020

Der Wald

Hallo da draußen! 
Wir wohnen seit kurzem in einem Computerspiel! Und zwar in so einem richtigen Endzeitspiel, wo jeden Moment die Zombieapokalypse erwartet wird!
Das Ganze kam so:
Sonntag, den 15. März, bekomme ich von meinem Papa eine Nachricht, dass in Spanien ab Montag eine zweiwöchige Ausgangssperre verhängt wird. Unsere Wasservorräte sind völlig aufgebraucht und wir haben die dunkle Vorahnung, dass es so langsam ungemütlich werden könnte. Also beschließen wir unseren wundervollen Strand zu verlassen und uns eine längere Zeit im „Nirgendwo“ abzusetzen.
Mit wahnsinnig viel Glück schaffen wir es am Sonntag (!!!) Essen und Wasser zu kaufen, zu tanken, und uns mit Gaskartuschen einzudecken. Endlich konnte ich mein erstes Mal Spanisch anwenden: „Tienes cartuchos de gas?“ Hat geklappt, wir haben alle Dosen aufgekauft. Drei.
Aus praktischen Gründen haben wir beschlossen, diesmal an einem See zu campieren und nicht am Strand. So haben wir zumindest Zugang zu Brauchwasser, was fürs Abwaschen, Duschen, Zähneputzen und so weiter ganz gut ist.
Dank Google Satellit finden wir einen wundervollen Stausee in den Bergen. Wir parken unsern Gandalf wenige Meter vom Seeufer und können fast gar nicht glauben, wie kristallblau das Wasser ist. Hier könnte man es tatsächlich eine Weile aushalten...



Nachdem wir uns häuslich niedergelassen haben, erkunden wir die Gegend. Der anfänglich noch befestigte Weg führt uns auf eine Art Halbinsel, welche von zwei Seearmen umschlossen ist. Wir sind nicht die ersten hier. Man erkennt anhand der Spuren, dass hier schon einige Menschen gecampt haben. Aus den wildwachsendem und überall herumliegenden Bambushalmen wurden fleißig Palisadenzäune, Unterschlupfe und Windschutze gebaut, die nun schon seit geraumer Zeit zusammen mit einer Menge Plastikmüll vor sich hingammeln.
Da nun der Waldweg endet, laufen wir entlang der Tierpfade oder klettern direkt am steinigen Seeufer entlang. Interessant, was der See alles anspült. Kindersandalen, rostige Tonnen, Bretter... mich würde es nicht wundern, wenn hier auch Knochen liegen würden.
Naja, was ich dann auf dem Weg liegend gefunden habe, seht ihr im nächsten Foto. Wer weißt, was das für ein Tier ist, kann es mir gerne schreiben. Entweder ein kleiner Hund oder schon wieder ein Wolf. Aber Wolfsjunge haben doch nicht so ein lockiges Fell oder? Sieht auf jeden Fall schön zerfetzt aus um die Beine.



Während wir weiter durch den Wald streunern, fallen uns die alten Mauern auf, die sich symmetrisch durch den Wald ziehen. Ähnlich wie die Mauern, welche die Olivenbäume an den Hängen in der Gegend abgrenzen. Ab und zu sehen wir auch Grundmauern von alten Gebäuden aus denselben Steinen. Nachdem wir am Seeufer nicht mehr weiterkommen, weil es einfach zu felsig wird, wollen wir für den Rückweg durch den Wald abkürzen. 



Oben auf einem der Hügel hat man einen fantastischen Blick über den See. Den Ausblick wusste wohl noch jemand anderes zu schätzen, denn wir finden ein verlassenes Waldlager mit einem Unterschlupf, der noch leere Wasserkanister enthält sowie ein Bett aus Baumstämmen, welches auch als Tisch genutzt werden kann. Langsam wird der Wald etwas unheimlich und wir gehen schnell wieder zum Auto ;)


Nachtrag:
Betreffs des Tieres haben wir mal dem Forensiker Dr. Mark Beneke geschrieben.
Es handelt sich vermutlich um einen Podenco- oder Galgo-Mischling (z.B. Podengo Português). Dies sind windhundähnliche Hunderassen, die erst auf der iberischen Halbinsel und den Kanaren gezüchtet wurde. Beide Rassen gibt es in Spanien häufig auch als Straßenhunde und da sie sich stark vermehren, werden ihnen oft schreckliche Dinge angetan, zum Beispiel die Beine gebrochen.
Das würde zumindest die zertrümmerten Beine erklären :(

Sonntag, 15. März 2020

Der Strand

Nach der ersten positiven Stranderfahrung suchen wir gleich nach einem neuen Strand. Weiter südlich und somit ein bisschen wärmer. In Salou werden wir fündig. Der Strand hat keinen Besitzer, deswegen ist er schön wild und schön vermüllt.



Diese lustigen angespülten gelartigen Bälle lassen sich überall am Strand finden.
Erst dachte ich, es sind Seepflaumen, aber dafür sind sie sehr groß. Hat jemand eine Idee?

Zum Sammeln von Dingen ist das super und auch unser Lager sieht bald aus, als würden wir hier schon länger hausen. Einige andere Camper hatten wohl dieselbe Idee, aber außer das ab und an mal deren Hunde vorbeikommen, haben wir unsere Ruhe. Auch eine Schafherde ist schon vorbeigezogen.


Da wir die ganze Zeit auf den verwahrlosten Strandabschnitt blicken, beschließen wir denn Müll dort aufzusammeln. Die vollen Plastiksäcke mit Dosen, Schuhen, Schläuchen usw. legen wir vor unser Auto. Die paar Einheimischen, die sich ab und an am Strand verirren, schauen sie uns geringschätzend an. Ich glaube, dass ihr Strand ein ganzes Stück sauberer ist, haben sie nicht wirklich bemerkt...



Mittwoch, 11. März 2020

Das Tier




Heute haben wir etwas länger gebraucht, um einen schönen Schlafplatz zu finden. Nach einigen missglückten Versuchen in entlegene Gebiete zu kommen (was in der Nähe von Barcelona gar nicht so leicht ist, da es immer touristischer wird) sind wir Richtung Inland über einen kleinen Ort gefahren und anschließend in einen Feldweg eingebogen. Zwischen Feld- und Waldrand haben wir unseren Gandalf geparkt, genau neben einem riesigen Kaktus und gerade noch die letzten Sonnenstrahlen abbekommen, bevor die Sonne hinter den Bergen verschwunden ist. Noch kurz etwas am Handy gedaddelt war es dann langsam Zeit fürs Abendessen und da wir Mittags schon eine fürstliche Reispfanne mit unserem Gaskocher am Strand gekocht haben, bin ich schnell zum Kofferraum um Brot und Äpfel von hinten zu holen. Paul hat den Klapptisch von innen festgehalten, damit nix Ungewolltes aus unserem wundervoll bepackten Auto fällt und dann habe ich mich umgedreht, um wieder nach vorne zu gehen.

Auf einmal sehe ich keine fünf Meter schräg gegenüber von mir auf der anderen Seite des Feldweges ein großes Tier. Einen großen Hund. Ich schreie los und renne zum Auto vor, reiße die Tür auf und springe hinein. Die Schiebetür knallt zu, das Tier läuft gemächlich weiter.
Paul, der mich schreien hört, fragt was los ist. Ich rufe nur, dass da ein Tier ist, woraufhin mich Paul schnell anweist, das Licht am Auto anzumachen. Das Tier steht mittig im Lichtkegel und ist grau-braun. Ich frage Paul, ob es hier Straßenhunde gibt. Paul sagt, dass es nicht aussieht wie ein Hund, sondern eher wie ein Wolf. Ich habe meine Brille nicht auf und suche hastig nach ihr. Tatsächlich, das Tier sieht aus wie ein Wolf. Ich, sowieso noch voller Adrenalin, bekomme richtig Angst. Langsam trottet das Tier aus dem Licht und läuft in Richtung Dorf. Wir sind uns unsicher, ob es überhaupt Wölfe hier in Katalanien gibt und recherchieren natürlich erstmal auf dem Smartphone. Wir finden einen relativ aktuellen Artikel darüber, dass sich die Wölfe in Katalanien seit 2010 wieder in dieser Gegend vermehren. Tatsächlich sind sie über die Alpen aus den Abrutzen in Italien nach Spanien gezogen und haben sich um Barcelona herum angesiedelt.

Während ich noch zuhöre was Paul vorliest, wird mir klar, dass mir gerade ein wilder Wolf begegnet ist. Spontan muss ich natürlich auf Toilette, aber das verkneife ich mir lieber noch ein Stück... ;)

Dienstag, 10. März 2020

Der Start

Am 03.03.2020 beginnt unsere Reise. Der erste Zwischenstopp dient dazu - wir sind ja vorbildliche Deutsche - erst einmal unsere Steuererklärung bei einer lieben Freundin in Hannover zu machen, damit wir ohne bürokratische Altlasten starten können. Ein weiterer kurzer Umweg führt uns über den Ruhrpott zu einer netten alten Dame, bei der wir eine Rollmatratze für unseren Bus kaufen. Die etwa achtzig jährige, noch berufstätige Frau hat für uns sogar extra Waffeln gebacken und Paul darf an ihrem beachtlichen Computerarbeitsplatz noch schnell ein Dokument drucken. 

Nach diesem letzten "Pflichtstop" fahren wir schleunigst über Frankreich nach Spanien.
Kurz zusammengefasst: das Ganze dauert drei Tage, mein persönliches Highlight sind dabei wilde Flamingos, die es sich in den Salzwasserseen eines südfranzösischen Naturparks gemütlich gemacht haben.


Die Muscheln an dieser Küste sind handtellergroß. Auch Paul sammelt fleißig mit. 

Unsere erste (!!!) Dusche  ist eine Art Stranddusche, welche an einer öffentlichen Toilette in Strandnähe angebracht ist. Während die Leute in Windjacken vorbeigehen, springen wir mit allem Gerassel durchs kalte Wasser. Irgendwie super.

Fischerdorf an einem französischen Hafen kurz vor der spanischen Grenze. 
Das sind alles leere Austernschalen, die sich auf der Straße zu Haufen auftürmen.

Auch die Landschaft und das Wetter werden immer besser und am meisten freuen wir uns, als wir in den Pyrenäen die spanische Grenze überqueren. Hinter der Grenze finden wir auch einen verlassenen Strand mit Parkplatz, wo wir unser Nachtlager errichten. 



Damit habe ich mein Wunschziel erreicht: meinen Geburtstag feiere ich am 10.03. am spanischen Strand, sammle Seeglas und nachmittags gehen Paul und ich in Figueres ins Salvador-Dali-Museum, wo er selbst auch begraben liegt. Spitzentyp, tolles Museum! Haben wir zeitlich auch genau richtig gemacht, denn nur wenige Tage später werden die Museen in Spanien geschlossen.